Sind Sie sich der Kraft von Geben und Nehmen bewusst? Die Menschheit hat sich im Laufe der Zeit durch den Austausch von Nahrung und Fertigkeiten weiterentwickeln können. Auch heute ist eine gute Zusammenarbeit wichtig, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Machen Sie sich das alte Prinzip ‚eine Hand wäscht die andere‘ zunutze. Etwa, wenn Sie ein Webvideo drehen oder einen Auftraggeber vom Wert Ihres Videos oder einer bestimmten Idee überzeugen wollen. In diesem Blog erfahren Sie alles, was Sie über die Kraft von Geben und Nehmen wissen müssen.
Politik
John F. Kennedy sagte in Bezug auf die Reziprozität in der Politik: „Wem viel gegeben wird, von dem wird viel verlangt“. Es handele sich dabei um ein Netzwerk von Beziehungen, das den Austausch von Gefälligkeiten ermöglicht. Das kann konstruktiv, aber auch manipulativ sein. Zum Beispiel, wenn die Wirtschaft einen Wahlkampf finanziert und später mit allen möglichen Privilegien von dieser Investition profitiert. Haben Sie schon einmal jemandem einen Job vermittelt, in der Hoffnung den Gefallen später zurückzubekommen?
„Noblesse oblige“
Das Sprichwort „Noblesse oblige“ (Adel verpflichtet) beruht auf diesem Reziprozitätsprinzip. Wir glauben, dass wichtige öffentliche Ämter – etwa in Bezug auf gesellschaftliche Werte und Normen oder Führungsrollen – mit besonderen Verpflichtungen verbunden sind. Im weitesten Sinne des Wortes sind wir der Meinung, dass jemand, der dank seiner Herkunft, seines Geldes oder seines Talents eine privilegierte Position innehat, dafür verantwortlich ist, damit etwas Gutes zu tun und sich entsprechend zu verhalten. Wir in der Kreativbranche haben zum Beispiel die moralische Verpflichtung, junge Talente zu fördern. Das folgende Video verbindet die Themen Politik und Jugend. Unter dem Motto: „Das Land gehört denjenigen, die partizipieren“ wurden junge Leute dazu ermutigt, wählen zu gehen.
Medizin
Ein Sektor, der seit jeher für die Nutzung der Reziprozität bekannt ist, ist die Pharmaindustrie. Als Gegenleistung für positive Testergebnisse und die Verschreibung neuer Medikamente werden Luxusreisen ins Ausland sowie Forschungsgelder verteilt. Reziprozität mit dem Beigeschmack einer ekligen Medizin!
Apropos Medizin. Kennen Sie diese riesigen Ikea-Filialen, in denen Sie sich nach kilometerlangem Fußmarsch endlich in die Schlange vor der Kasse einreihen können? Nicht ohne Grund werden Ihnen nach dem Einkauf billige Hotdogs und Eis angeboten. So gehen Sie nach dem vielen Laufen und dem langen Warten an der Kasse, dennoch mit einem positiven Eindruck nach Hause. Guten Appetit! Wie praktisch übrigens, dass die Ikea das Essen zu einem solchen Schnäppchenpreis anbietet.
Ikea Hotdog (Copyright Ikea)
Auf lange Sicht
Nach dem verheerenden Hurrikan Katrina in New Orleans erhielt die Stadt Hilfe aus den Niederlanden. Zwar verfügen die Niederlande über viel Fachwissen im Bereich Entwässerung und Wassermanagement, aber dies war nicht der einzige Grund für die Direkthilfe. Im Jahr 1953 hat Louisiana nämlich Armeehubschrauber in die Niederlande entsandt, um den Opfern der großen Flut zu helfen. Mit der Hilfe nach dem Hurrikan konnten die Niederlande ihre „Schulden“ zurückzahlen. Manchmal kann es also eine Weile dauern, bis eine Gegenleistung erbracht wird.
Reflex
Reziprozität erweist sich immer wieder als ein mächtiges Instrument der Beeinflussung und Sie können sich diese „strategische Großzügigkeit“ auf verschiedene Weise zunutze machen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Leute den Absender einer Nachricht sympathisch finden oder nicht. Wichtig ist nur der natürliche Reflex: Wenn wir etwas erhalten, müssen wir etwas zurückgeben. Nehmen Sie zum Beispiel den World Wildlife Fund, der einen Kalender und andere Goodies mit der Post verschickt. „Wie schön! Dann bleibe ich wohl noch etwas länger Mitglied.“ Ebenso die niederländische Postcode-Lotterie, bei der man eine Packung Kekse oder einen Becher Eis gewinnen kann. Es klingt einfach, aber es funktioniert.
Auch wenn wir nicht in der Lage sind, den Gefallen zu erwidern, fühlen wir uns dazu verpflichtet und fürchten uns davor, als unsozial oder egoistisch zu gelten. Diese tief verwurzelten Vorstellungen von Fairness und Pflicht werden durch das Reziprozitätsprinzip aktiviert. Tatsächlich leisten wir am Ende oft eine größere Gegenleistung, als die Leistung, die wir selbst erhalten haben. Wie können Sie sich das also zunutze machen?
Prämien
Im kleinen Rahmen begegnen wir dem Reziprozitätsprinzip fast täglich. Zum Beispiel bei Prämien, Mitgliedschaften oder Werbegeschenken zu Weihnachten. Unternehmen geben Millionen dafür aus. Auch kostenlose Proben sind eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Zielgruppe von der Qualität eines Produkts zu überzeugen. Bereits bei einem solch kleinen Geschenk tritt das Reziprozitätsprinzip in Kraft. Aber das wissen Sie bestimmt schon lange, denn auch wir erhoffen uns für unsere Blogs, E-Books und Videos, in denen wir unser Wissen und unsere Inspirationsquellen mit Ihnen teilen, eine Gegenleistung.
Das Basisprinzip der Reziprozität ist jedoch, dass die Forderung letztlich unverbindlich bleibt. Sie sollten niemals eine Gegenleistung verlangen. Mit dem Reziprozitätsprinzip können Sie eine Beziehung aufbauen und nicht mehr. Das gilt zum Beispiel auch für kostenlose Zeitungen, die Sie von Vertretern auf der Straße erhalten. Unterbewusst entwickeln Sie das Gefühl, etwas zurückgeben zu müssen: „Sicher schließe ich ein Abonnement bei Ihnen ab!“
Forschung
Über das Reziprozitätsprinzip wurde unendlich viel geforscht. Zum Beispiel über die Bonbons, die ein Kellner seinen Gästen gemeinsam mit der Rechnung überbringt. Wenn die Kellner etwas Süßes angeboten haben, erhielten sie ein um 3,3 % höheres Trinkgeld. Mit zwei Bonbons war dies sogar 14 %. Das Trinkgeld stieg allerdings noch mehr, wenn der Kellner der Rechnung erst ein Bonbon beifügte und dann mit mehr zurückkam, da er diese besonderen Gäste so schätzte. Dies ist ein einfacher Weg, die Wirkung des Gebens zu messen.
Ein weiteres Experiment in einem Süßwarengeschäft ergab, dass der Umsatz um 42 % stieg, wenn an der Tür jemand Schokolade oder andere Süßigkeiten verteilte. So wird auch gleich klar, warum man auf manchen Kongressen so viele Produkte probieren darf.
Auch der amerikanische Zweig der Hare-Krishna-Bewegung nutzte in den 60er-Jahren das Reziprozitätsprinzip. Am Anfang zogen die Mitglieder singend und tanzend durch die Straßen und baten unterwegs um Spenden. Als sie daraufhin anfingen, Blumen zu verteilen, stieg das Spendenaufkommen enorm an und die Bewegung wuchs entsprechend. Bis die Leute den Trick durchschauten und angefangen haben, die Blumen abzulehnen.
Beim Reziprozitätsprinzip sollten Sie also erfinderisch sein. Achten Sie darauf, dass Ihr Geschenk bedeutungsvoll, überraschend und persönlich ist. Da Sie in der Kreativbranche arbeiten, sollte dies relativ einfach zu bewerkstelligen sein, richtig?
Konzessionen
Außer bei Dienstleistungen und Gegenleistungen, funktioniert dieses Prinzip auch bei der Gewährung von Zugeständnissen. Stellen Sie sich vor, jemand möchte Ihnen eine Eintrittskarte für eine Vorstellung verkaufen und Sie lehnen ab, weil Sie entweder keine Zeit haben oder nicht daran interessiert sind. Als Zugeständnis bietet Ihnen der Verkäufer einen Schokoriegel an, mit dessen Erlös die entsprechende Theatergruppe unterstützt wird. Durch dieses Zugeständnis fühlen Sie sich nun mehr oder weniger dazu verpflichtet, sich auf diesen Deal einzulassen.
In diesem Beispiel hatte der Verkäufer wirklich vor, Ihnen die Eintrittskarten für die Vorstellung zu verkaufen. Aber Sie können das Konzessionsprinzip auch als Abkürzung nutzen, um Ihr Ziel zu erreichen. Machen Sie also zunächst ein Angebot, von dem Sie ziemlich sicher sind, dass es abgelehnt wird. Anschließend machen Sie ein Zugeständnis, sodass die andere Person ebenfalls ein Zugeständnis machen wird.
Dieses Prinzip wurde in der Praxis mehrfach erforscht. Menschen wurden unter anderem gebeten, ein Jahr lang jede Woche jugendliche Straftäter zu betreuen. In den meisten Fällen wurde diese Bitte abgelehnt. Daraufhin wurden dieselben Leute gefragt, ob sie stattdessen mit den jungen Straftätern einen Nachmittag im Zoo verbringen wollten. Dieser Bitte wurde größtenteils zugestimmt.
Das Prinzip funktioniert auch bei der Verhandlung von Arbeitsverträgen. Verlangen Sie erst viel und schrauben Sie diese Forderungen zurück, sobald der Kandidat bereit ist, seine Gehaltsvorstellungen zu revidieren.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Feilschen: erst einen hohen Preis verlangen und dann ein Zugeständnis für einen niedrigeren Preis in Betracht ziehen.
Ein weiterer Effekt von Zugeständnissen ist, dass sich die meisten Menschen dafür verantwortlich fühlen, ein gemachtes Versprechen auch tatsächlich einzulösen. Die Menschen sind zudem mit einer Abmachung zufriedener, wenn beide Seiten Zugeständnisse gemacht haben. Ein dritter Punkt ist, dass Menschen, die bereits ein Zugeständnis gemacht haben, eher bereit sind, einem Folgeantrag zuzustimmen.
Kontrastprinzip
Das Konzessionsprinzip, bzw. das Prinzip ‚vom Großen zum Kleinen‘, setzt noch etwas anderes in Gang: das Kontrastprinzip. Wenn Ihnen also erst etwas Großes und danach etwas Kleines vorgeschlagen wird, wird das Kleinere anders beurteilt, als wenn es direkt und ohne das Größere vorgeschlagen worden wäre.
Auch das wurde weitgehend erforscht. Männer geben etwa mehr Geld für einen Pullover aus, nachdem sie bereits einen Anzug gekauft haben. Nach dem teuren Anzug scheint der Pullover günstiger, auch wenn das im Vergleich zu anderen Pullovern vielleicht gar nicht der Fall ist.
Online
Auf Websites werden oft drei Varianten eines Produkts oder einer Dienstleistung nebeneinander angezeigt. Warum das so ist? Nun, auch hier wird das Kontrastprinzip angewendet. Ein teures, ein moderates und ein günstiges Angebot. Der Preis für das mittlere Angebot scheint im Vergleich zu dem teureren Angebot angemessen. Oft wird das mittlere Angebot zudem noch mit „beliebtestes Produkt“ gekennzeichnet, sodass zusätzlich auch das Prinzip des Social Proofs zum Tragen kommt.
Was also möchten Sie verkaufen? Setzen Sie das Produkt oder die Dienstleistung in die Mitte. Fügen Sie dann eine teurere und eine günstigere Variante hinzu. Dann sind die Menschen geneigt, sich für die mittlere Option zu entscheiden.
Machen Sie sich an die Arbeit!
Berücksichtigen Sie diese Prinzipien, wenn Sie Ihr nächstes Webvideo, Ihren nächsten Radiospot oder ein E-Learning entwickeln: das Reziprozitätsprinzip, das Konzessionsprinzip und das Kontrastprinzip. So bringen Sie Ihre Ideen noch überzeugender rüber!
Möchten Sie mehr lesen? Hier finden Sie alle unsere E-Books:
52 Tipps zum Schreiben überzeugender Drehbücher
15 praktische Tipps – Was Sie bei der Inhouse-Produktion beachten sollten
23 Tipps – So erhöhen Sie Ihre Gewinnchancen auf einem Filmfestival
Darauf sollten Sie bei einem Sprecher achten, der remote arbeitet
Über diese Serie
Die Blog-Serie „Positive Influence“ von Voicebooking beschäftigt sich mit der Psychologie der Überzeugung. Das Ziel ist es, Leser, Zuschauer und Zuhörer anzuziehen und zu überzeugen und nicht diese zu manipulieren oder in die Irre zu führen. Die Blog-Serie basiert zum Teil auf den sechs Grundprinzipien der Überzeugung, wie sie unter anderem von Robert Cialdini, dem ehemaligen Professor für Psychologie und Marketing an der Arizona State University und der Stanford University erforscht wurden.