Ich habe mich schon immer über die vielen Namen gewundert, die im Abspann von Filmen aufgeführt werden. Oft dauert es über zehn Minuten, den ganzen Abspann zu sehen und zu lesen. Auch wenn ich niemanden kenne, der dies tatsächlich tut, so stellt sich doch die Frage, wie viele Leute man für eine richtige Filmproduktion wirklich braucht. Eine Menge anscheinend, wenn man Hollywood Glauben schenkt. Für die Produktion von Iron Man 3 werden ganze 3310 Leuten (!) aufgelistet. (Quelle)
Ganz anders liegen die Dinge in der Welt der Online-Videoinhalte; dort wird immer mehr Arbeit von immer weniger Menschen erledigt. Wenn man einem Produzenten von Webvideos, Erklärvideos oder E-Learnings dieselbe Frage stellen würde, dann wäre jede Antwort über zehn Personen sehr hoch. Natürlich sind keine 3310 Leute nötig, um ein 90 Sekunden langes Erklärvideo zu drehen, aber viele Content-Schaffende entscheiden sich dafür, fast alles selber zu produzieren: das Schreiben des Drehbuchs sowie die Videobearbeitung, Kameraführung, Produktion, Farbkorrektur, Bewegungsgrafik, Audioaufnahme und die Nachbearbeitung; ähnlich einer „One-Man-Show“ stellen sie die gesamte Produktion alleine zusammen.
Als Sounddesigner werde ich oft bei der Verbesserung der Audioqualität einer Produktion um Unterstützung gebeten; oder darum, Workshops zu geben zu der Mischung von Audio (beispielsweise für Produzenten). Selbst die Teilnehmer meiner Workshops kommen oft zu mir und bitten mich, „mal schnell ein paar Audios“ für sie zu mischen. Dies ist aber nicht bei allen Produktionen so. Wann sollte bei einer Produktion das One-Man-Show-Prinzip aufgegeben werden und die Audionachbearbeitung ausgelagert werden und wann besser nicht? Neben offensichtlichen Faktoren wie Budget und Zeit kann auch der Inhalt eines Videos darüber entscheiden, ob es sinnvoll ist, die Audionachbearbeitung an einen externen Produzenten auszulagern. Schauen wir uns das im Folgenden einmal genauer an.
Alles dreht sich um die Story
Egal, wie unterhaltsam TikTok-ähnliche Videofilter und -effekte sind, bei der Produktion eines Videos sollte sich alles um die Story drehen. Sie wollen Ihr Publikum mitnehmen und bei den Zuschauern gewisse Emotionen wecken. Vielleicht um zu inspirieren oder einfach nur, weil Sie etwas verkaufen möchten. Welches Mittel ist besser dazu geeignet, Emotionen zu wecken, als Audio? Filmszenen werden durch einen einfachen Wechsel der Musik völlig anders wahrgenommen. Auch wenn die Bilder dieselben bleiben, ändert sich die Story. Ein gutes Beispiel dafür sehen Sie in folgendem Video:
Übrigens wäre dieses Video mit einem guten Audiomix noch besser gewesen. Es sollte dem Zuschauer keine Mühe bereiten, die Stimme des Sprechers zu verstehen. Wenn es mehr Aufwand kostet, dann verlagert sich der Fokus des Zuschauers nämlich auf den genauen Wortlaut, wodurch andere Elemente des Videos untergehen. Vor allem zu Beginn des Videos musste ich mich persönlich sehr anstrengen, um das Gesprochene zu verstehen. Wahrscheinlich hat sich der Produzent zu sehr auf die Wirkung der Musik konzentriert und dabei die Rolle der Stimme vernachlässigt.
Genau deshalb ist es manchmal sinnvoll, die Audionachbearbeitung auszulagern. Ein Audioprofi weiß nämlich genau, wie die Musik abgemischt werden muss, ohne dass die Stimme in den Hintergrund tritt oder dass die Musik so leise abgespielt wird, dass sie ihre Wirkung verliert. Außerdem ist es eine Kunst für sich, Musik so zu schneiden und zu bearbeiten, dass sie perfekt auf die Story und das Video abgestimmt ist.
Manche Produzenten sind durchaus in der Lage, dies selbst zu erledigen. Aber bei großen Produktionen, bei denen Ton und Musik eine entscheidende Rolle spielen, kann ein spezialisierter Audio-Editor oft mehr herausholen. Deshalb sollten sich Produzenten immer die Frage stellen, wie bedeutend der Ton für das Erzählen einer Geschichte ist.
Verwenden Sie Audio, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu lenken
Musik kann also den Inhalt eines Videos beeinflussen oder sogar verändern. Sie können die Musik aber auch dazu nutzen, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu lenken. Angenommen, Ihr Video steuert auf einen wichtigen Moment zu, den der Zuschauer unter keinen Umständen verpassen darf. Dann kann Audio Sie dabei unterstützen, manchmal sogar, ohne dass der Zuschauer es bemerkt. Wenn Sie dafür sorgen, dass die Stimme in dem entscheidenden Moment leise ist und die Musik unterbrochen wird, dann können Sie einen Soundeffekt nutzen, um entscheidende Elemente in dem Video hervorzuheben. Wenn Sie alle anderen Elemente wegnehmen, dann hat der Zuschauer keine andere Wahl, als sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Die Kunst besteht allerdings darin, die Aufmerksamkeit des Zuschauers so zu lenken, dass er es nicht bemerkt; es sollte sich immer natürlich anfühlen. Genau das ist einer der großen Vorzüge eines guten Audiomixes. Dieser lenkt die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf die wichtigen Elemente der Story. Pixar ist ein Meister auf diesem Gebiet. In dem folgenden Pixar-Kurzfilm wird Ton eingesetzt, um kontinuierlich die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu lenken:
Manchmal wird die Musik pausiert, um das Gefühl des „Wartens“ zu unterstreichen. Dies passiert etwa nach einer Minute in dem Video: Man hört plötzlich die Geräusche des Bootes und des Meeres, aber sonst nichts. Diese Leere verstärkt das Gefühl des Wartens, an dem der Zuschauer teilhaben soll. Sobald der Mond aufgeht, unterstützt Geigenmusik das Gefühl für diese Szene perfekt und da vorher keine Musik zu hören war, ist die Wirkung besonders stark.
Etwas später (ungefähr bei 4:12), wenn der große Stern fällt, wird die Musik leiser und gleichzeitig werden die Soundeffekte stärker eingesetzt. Die Musik wird sozusagen von den Soundeffekten „verdrängt“. Abgesehen von einigen Zischlauten ist es danach still. Dieser Kontrast sorgt für die nötige Spannung in dem Moment. Sobald die Männer ihre Arbeit wieder aufnehmen, wird auch die Musik lauter.
Versuchen Sie einmal das Video ohne Ton abzuspielen. Dadurch sind die Übergänge zwischen den einzelnen Szenen viel weniger bemerkenswert. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird weniger stark gelenkt und die Wirkung nimmt ab.Die Lenkung der Aufmerksamkeit ist ein guter Grund, die Audionachbearbeitung oder das Sounddesign auszulagern. Gute Sounddesigner können mit Audio die Aufmerksamkeit in jedem Videos steuern und sorgen dafür, dass die wichtigsten Elemente die meiste Aufmerksamkeit erhalten.
Mehr Ausgewogenheit
Zum Schluss noch ein technischer Grund, Ihre Audionachbearbeitung auszulagern. Ich habe bereits erwähnt, dass es den Zuschauer keine Mühe kosten sollte, den Sprecher zu verstehen, auch wenn Musik und Soundeffekte verwendet werden. Und das ist nicht immer einfach! Beispielsweise kann ein Audiomix auf einem iPhone gut klingen: Die Stimme ist verständlich und die Musik klingt gut. Auf der Soundbar Ihres Fernsehers allerdings sind plötzlich so viel wummernde Bässe zu hören, dass der Sprecher darin untergeht.
Mit der richtigen Frequenzbalance und der richtigen Dynamik im Audiomix sorgen Sie dafür, dass Ihr Ton überall gut klingt. Sogar über die AirPods ?. Professionelle Produzenten wissen genau, wie sie das hinbekommen. Es ist ein wenig wie mit dem Erlernen eines Instruments: Je öfter man übt, desto besser klingt es. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Audiomix überall gleich gut klingt, dann können Sie in Erwägung ziehen, Ihre Audionachbearbeitung auszulagern. Vor allem dann, wenn Sie nicht wissen, auf welchem Medium Ihr Video angesehen werden wird.
Es ist also wichtig, die Story, die Sie erzählen möchten, zu berücksichtigen. In den oben genannten Beispielen ist deutlich geworden, wie wichtig dabei die Rolle des Tons sein kann. Wägen Sie immer ab, ob Sie über die notwendigen Fertigkeiten verfügen, um den Ton so anzupassen, dass er Ihrer Produktion das gewisse Extra verleiht oder ob Sie von einem unabhängigen Sounddesigner profitieren würden.
Wenn es richtig gemacht wird, dann fügt Audio Ihrem Bildmaterial eine ganz neue Dimension hinzu. Das obige Pixar-Video ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Audio kann Ihr Video aufwerten und dazu beitragen, die wichtigsten Elemente hervorzuheben, sodass sie sich in den Köpfen der Zuschauer festsetzen. Und das ist schließlich immer das Ziel, unabhängig von der Art des Videos, das Sie produzieren.
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